Swallowredrain

 

"A new child is in town“ – “Swallowredrain” noch nie gehört? Das sollte sich dringend ändern. Wer Sinn für Musik hat, die am Innersten rührt, aufwühlt und sich festsetzt wie ein eindringlicher Albtraum kommt an „Nocturne“ nicht vorbei.

Die 12 Stücke auf der CD sind musikalisch nicht einfach zuordenbar (ja, ja, wir sind wieder einmal bei den berühmten Schubladen). Als ich die Arbeit des Bandprojektes aus Österreich zum ersten Mal hörte, hatte ich das Gefühl den Geist der 80er Jahre zu verspüren. Dieser gepaart mit einer abartig, düsteren Form von Trip-Hop, Gothic sowie Industrialelementen, vermengt zu einem organisch klingendem Klangteppich. Eigentlich bräuchte das Ganze eine eigene Kategorisierung (falls jemand einen Namen dafür findet, bitte ein Mail an mich).

Wer steckt hinter „Swallowredrain“? Obwohl der Name neu ist, sind die Protagonisten nicht ganz unbekannt. Das Künstlerduo „Vatican´s Children“ (Andrej N. & T.Lament) hat ihr Projekt zum Milleniumswechsel beendet um nach einigen Jahren des Rückzuges, mit Verstärkung durch die Sängerin „Sardes“, ein neues Projekt zu starten – „Swallowredrain“.

„Die letzten Jahre waren eine intensive Form der Kartarsis (Andrej. N)“ Diese Aussage findet sich in  jedem Stück der CD „Nocturne“ bestätigt. An der Arbeitsweise der Beiden hat sich scheinbar nicht viel verändert, sie haben den Touch von Improvisation und der nötigen Rauheit, die so typisch für die früheren Arbeiten war. Doch jedes der Stücke berührt, bringen Anteile zum Schwingen die normaler Weise im Verborgenen liegen. Eine akustische Introspektive ohne Rücksicht auf Verluste. Wer sich auf diese Art von Musik einlässt, sieht bald die Tiefen der menschlichen Seele – und damit sich selbst.
Die Sängerin „Sardes“, leider nur auf 2 Tracks vertreten, bringt etwas jazzige Farbe in die dunklen Klanggefilde – aber Achtung, lasst Euch nicht täuschen auch diese Stücke sind abgrundtief.

Das Interview

Ich hatte die Möglichkeit ein kleines aber feines Interview  in einem Cafe unter der Schattenburg mit Andrej N. zu führen, dieses möchte ich Euch nicht vorenthalten.

Nach einer kurzen Begrüßung konnte ich es nicht lassen, die alles entscheidende Frage zu stellen: " Handelt es sich bei dem Trio um lebensmüde und psychotische Persönlichkeiten?". Nach einem schallendem Gelächter gab es die Antwort.

Andrej N.: „Vielleicht wäre es so, wenn wir unsere Geschichten und Gefühle nicht in dieser Form von Sound verarbeiten würden. Es ist schlicht und ergreifend Psychohygiene und lässt Themen zu, die ansonsten irgendwo in den Tiefen des Unbewussten herumgeistern würden. Ja, es haben sich bei uns viele Dinge verändert und gewandelt, was nicht ohne Narben abging. Ich glaube, dies macht die ganze Sache aber auch authentischer und wir sind meilenweit von irgendeiner kommerziellen Idee entfernt.“

Ich habe den Eindruck, dass ihr Euch aus Elementen ganz unterschiedlicher Richtungen und Stile bedient, gibt es ein Konzept? Oder anders gefragt wie entstehen bei Euch die Stücke?

Andrej N.: „Wenn ich Dir sagen würde ich habe keine Ahnung, wäre das wohl ein wenig zu wenig?“

Ja.

Andrej N.: „Okay – die lange Fassung (grinst). Die allermeisten Stücke sind aus Sessions entstanden, keine Absprachen was passieren soll. Nach einiger Zeit ist es da, ein Gefühl, das verfolgt wird während das Band läuft, nach dem ersten Take kommen Overdubs anderer Instrumente oder der Gesang dazu, wir machen was uns gerade einfällt, und dann kommt das Ganze in die Schublade. Irgendwann gehen wir dann daran, die Teile zu mischen. Es ist eine sehr subtile Methode die jegliche Form der Freiheit zulässt. Wir wundern uns meist selbst, was am Schluss dann entstanden ist.“

Euer Sound geht ziemlich unter die Haut, gibt es Vorbilder oder KünstlerInnen die Euch beeinflusst haben?

Andrej N.: Oh, eine brillante Frage – sehr kreativ… (grinst). Mit einem einfachen Ja oder Nein komme ich vermutlich eh nicht durch. Ja natürlich. Es gibt eine ganze Menge an KünstlerInnen und Arbeiten die mich nachhaltig beeindruckt haben. Vielleicht sind auch einige Elemente davon in unseren Stücken zu hören, ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Was ich sicher sagen kann ist, alle haben eines gemeinsam – sie haben mich innerlich berührt. Und sobald dies geschehen ist, ist es vollkommen gleichgültig, wie und ob es einer Richtung zuordenbar ist oder ob es sich um moderne, klassische, industrielle, Rock oder sonstige Geschichten handelt. Auch geht´s ja nicht nur um Musik, es fließen auch Bilder, Filme, Menschen, Geschichten einfach alles was ich bisher wahrgenommen habe in die Arbeiten mit ein. Aber was sicher ist, es sind vor allem die schwereren Anteile die mich erreichen, die in mir schwingen und die ich über diesen Kanal wieder rauslasse. Also wenn ich in „playing suicide“ dem Thema der Selbstentleibung näher komme, gilt dies nicht meiner eigenen Verfassung, sondern spiegelt die Erlebnisse und Erfahrung mit diesem Thema, die ich in meiner Entwicklung gemacht habe.

Ein Satz zu T.Lament und Sardes.

Andrej N.: Bruder und Schwester im Geiste.

Wie geht´s bei Euch und dem Projekt „Swallowredrain“ weiter?

Andrej N.: Wir sind gerade einmal am Beginn einer schönen Zeit. Ich bin gespannt wie die Reaktionen auf „Nocturne“ sind. Die Themen werden uns nicht ausgehen. Ob wir live arbeiten werden, ist gerade in Verhandlung… wir werden sehen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Andrej N.: Lass uns noch einen Cafe trinken und erzähl was von Dir…

Ja..., ab hier beginnt eine ganz andere Geschichte.

 

Wie schon erwähnt lege ich Euch die CD „Nocturne“ von „Swallowredrain“ ans Herz (oder Ohr), aber nur dann, wenn Ihr Euch auch abseits der Oberflächlichkeiten des Lebens wohl fühlt…

 

Euer H.Kern