Projekt ANGST

 

“Akustischer Ausdruck einer Gesellschaft, die einer steten Rückwärtsbewegung unterliegt, die jeden Bezug zur Realität verloren hat und sich an Dogmen längst vergangener Zeiten klammert. Gegründet mitte 1997 von Godot als Einzelprojekt. Dann aber doch, geprägt von der rasenden Entwicklung des Systems, zur Umsetzung von Ängsten und Eindrücken weiterverfolgt. Akustisches Sprachrohr für den unvermeidlichen Untergang der menschlichen Kultur und schliesslich der Spezies Mensch selbst.

Projekt Angst erzeugt Toncollagen zwischen electronic und klassischem Industrial. Die Verwendung von Samples, vorzugsweise aus Film und Fernsehen, vor Radiosendungen oder dem wirklichen Leben wird allerdings auch nicht zurückgeschreckt, sind in der klanglichen Welt von Projekt Angst ein zentraler Punkt, der die düstere Stimmung des musikalischen Grundteppichs noch zu verstärken vermag.

In der musikalischen Entwicklung von Projekt Angst hat sich seit 1998, als das erste Albums erschien, einiges getan. Der doch sehr rauh erscheinende industrielle Einschlag, der sehr im Vordergrund stand, wurde im laufe der Zeit um schwebendere Klänge sowie Elemente der Klassik oder traditioneller Musik erweitert.

In "minuetto" etwa wurde ein Menuett von Vivaldi computergestützt überarbeitet und verfremdet um die ursprüngliche Klangwelt der Komposition zu verändern. Die Collage aus Gesängen georgischer Frauen, Kopfgesang aus Altai und zeitgenössischer elektronischer Musik, zu hören in "khert'lis naduri" zeigen einen Querschnitt durch die Musikgeschichte der nördlichen Hemisphäre.

Nachdem es einige Jahre etwas still um Projekt Angst geworden war - der Protagonist engagierte sich in der Zwischenzeit unter anderem beim freien Radio in Vorarlberg - konnte ein kleines Publikum einer Liveperformance am freien Mediencamp 2003 beiwohnen (es wurde dort unter dem Titel "musikalische Interferenzen mit und aus den Frequenzbändern" mithilfe dreier Radiogeräte als Klangeneratoren eine nichtwiederholbare Toncollage geschaffen). 2004 werden nun die musikalischen Werke von 2000-2004 auf drei Tonträgern veröffentlicht.

H. Kern schreibt über Projekt Angst

Im Reich der Industrial und Experimentalmusik finden sich manchmal klangliche Juwelen mit scharfen Ecken und Kanten – diese schneiden sich mit akustischer Gewalt durch unsere Schöne neue Welt“ und machen deutlich, welche Abgründe hinter deren Fassaden lauern. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist Projekt Angst“.

Je öfter ich mir die CD angehört habe, desto deutlicher wurde das Gefühl der Bedrohung. Verstärkt wurde dieses durch den parallelen Konsum der aktuellen TV-Tagesnachrichten (ohne Ton).

Der für dieses Werk verantwortliche Künstler Godot“ ist kein unbeschriebenes Blatt. Neben seinen musikalischen und anderen Arbeiten hat er jahrelang Radiosendungen produziert.

Das von ihm entworfene CD Cover/Inlett zeigen eine weitere Seite von Godot. Die Arbeiten sind trotz der abstrakten Form sehr deutlich in den Aussagen und spiegeln seine Musik auf perfekte Weise. Als negativ möchte ich anmerken, dass die CD ein Ende hat.

In den Stücken der 1998 erschienenen CD "Greeting from the past, the present and the future" vereinigen sich akustische und elektronische Klänge zu organisch wirkenden Klangwelten, die - mit Sprachsamples durchwoben - ein bedrückendes Bild der menschlichen Gesellschaft zeichnen. Am besten lässt sich die entstehende Stimmung wohl damit beschreiben: Stell dir vor, morgen beginnt der Krieg .... und wir haben nichts dagegen getan.

Politik, Lügen, Macht, Massenmedien, Kontrolle, Manipulation, Kommerz, Kapitalismus sind nur einige der Begriffe, die an meinem geistigen Auge vorbeiziehen.

Zeitweilig fühlt man sich in eine Fabrik aus dem beginnenden 1900 Jahrhundert versetzt. Die lärmenden Fliessbänder und Maschinen verschmelzen zu einem Stakkato, durchbrochen von den Stimmen der Politik – die uns davon überzeugen wollen, dass alles nur zu unserem Besten“ ist.

Ein Soundtrack zu 1984“ oder brave new world“ –mit einem erschreckenden Bezug zur Gegenwart.